30 Dezember 2011

Jahreswechsel

Auf dem Weg zum Getränkemarkt in der Ungererstrasse liegt der Nordfriedhof Münchens. Meine Fahrt führt mich an Übertragungswagen des Bayrischen Rundfunks vorbei: Johannes Hesters hat mit 108 Jahren seine letzte Ruhe. Fans begleiten sein Begräbnis. Was liegt näher zum Jahreswechsel als Gedanken zum Leben? Und Tod!

Die wenigen Wohnmobile, die in Einsiedl im Schnee stehen, haben Lärm und Getriebe von Stadt und Straße hinter sich gelassen. Kein Laut, kein Vogel, kein Auto. Manchmal streichelt sanft fallender Schnee das Dach. Noch macht meine liebe Frau einige wenige Versuche, mich aus meiner Ruhe zu bringen. Dann verzieht sie sich sich endlich ins Bett. Gedanken reisen durch die Nacht und tröpfeln als schwarze Buchstaben auf den Bildschirm.



Wir übernachten in Einsiedl am 30. 12. 2011. Das ist mein Lieblingsplatz in der Nähe von München.

Szenen- und Themenwechsel: Derzeit rüsten die USA die Golf-Staaten Saudi-Arabien und Bahrein auf. Dort residieren im Wertesystem von Schröder ebenso lupenreine Demokraten wie in Moskau. Der verblödete Urnenpöbel macht sich keine Sorgen, solange genug Erdöl und Erdgas unsere einzigartige Industrieproduktion aufrecht halten. Schließlich müssen Menschen in Europa, sofern sie keine prekären Penner sind, ihre einzigartigen Bedürfnisse befriedigen. Prekären Pennern reicht die Volksdroge Alkohol selbst in übelster Mischung wie als Weihnachtsmarkt-Glühwein.



Der schlüpfrige, schnee- und eisglatte Weg am See von Einsiedl zu Walchensee führt an den Ur-Rindern in Zwergern vorbei. Die fünf Kilometer verlangen uns bei Schneetreiben viel ab.

So geduldig wie die Ur-Rindviechern am Walchensee sind keine konsumverwöhnten Westeuropäer. Wenn Strom ausfällt, ist zappenduster. Also hat schon Carter vor 30 Jahren die Doktrin aufgestellt: "Die Seestraße von Hormus gehört zu unserem nationalen Interessenbereich. Wir haben diesen Seeweg mit allen Mitteln offen zu halten, auch mit militärischen." Als Verbraucher haben wir volles Verständnis dafür, dass unsere Interessen dort und anderswo auch militärisch vertreten und verteidigt werden. Schließlich wollen wir unsere 3,5 Tonnen schwere Wohnung auf Rädern durch den Schnee noch zum Allrad-LKW-Treffen nach Wallgau bewegen. Ohne zwei mit elf Kilogramm gefüllten Gasflaschen würden wir uns auch nicht in die Kälte zum Wintercamping wagen.



Nur schemenhaft erhebt sich der Herzogstand über dem See und dem Ort gleichen Namens, über Walchensee.

Die Freude unserer Winterreise im wohlig warmen Gefährt verdanken wir unserer unermüdlichen Arbeit, um unserr einzigartigen Bedürfnisse zu befriedigen. So müssen wir nicht daheim vor dem Bildschirm als Couch-Kartoffel vegetieren, sondern fühlen uns befreit vom Stress der Stadt und wandern auf eisglatten Wegen zwecks höherer Stress-Resistenz. Während des Berufslebens jagten uns Arbeitnehmer ständig Kollegen und Chefs. Nach 20 Jahren, acht Monaten und 12 Tagen hat meine Arbeit ihr Ende gefunden. Jetzt ist nur noch die liebe Partnerin hinter mir her. Erschwerend kommt hinzu: Immer näher macht sich Gevatter Tod daran, seine kräftigen knochigen Finger nach meinem mürben und ermüdenden Lebensleib auszustrecken. Doch noch erreichen wir Ziele wie das Allrad-LKW-Treffen in Wallgau. Soziale Kompetenz und Kontakte üben wir an der Feuertonne, die wir mit mitgebrachtem Holz füttern.



Vom 100.000 Euro teuren Fernreise-Mobil bis zur 40 Jahre alten Hanomag-Behelfs-Behausung mit holzbefeuertem Kanonenofen treffen sich die Drive-o-Holics im Wallgau zum Neujahrsplausch.

Kleine Schlucke Rotwein sollten mich dazu befähigen, der sozialen Runde am Feuerfaß einige bewundernde Bemerkungen und anerkennende Aufmerksamkeit zu schenken. Denn die Abenteuer dieser Russland-, Afrika-, Asien-, Australien- und Amerika-Fahrer sind eindrucksvoll, beachtlich - eben die einzigartigen Bedürfnisse, welche unsere Gesellschaft so erhaben entwickeln und weiter bringen - zumindest Kilometer-mäßig.

Genug meiner kultur-kritelnden Krakelei! Die Feuertonne wartet, um mich besser in mir fremde Sozialgefüge einzupassen. Vermutlich in meinem fortgeschrittenen Alter eine vergebliche Liebesmühe.

Unsere "Waschmaschine", der "Kühlschrank" kam nur mit Hilfe von vier schiebenden Männern aus dem Matsch!

Die echten Allrad-LKW-Kapitäne sehen fahrende "Weißware" nur als "Kühlschrank" oder "Waschmaschinen" an.

Der Blick am Neujahrsmorgen zeigte uns das "Blaue Wunder" von Klaus und einen Hanomag mit Kanonenrohrofen, der bald 50 Jahre auf dem Buckel hat.

Auch mit einem alten Ofen und einem Wasserkanister kommt man im Hanomag über den Winter.

Dieser Hanomag mit Anhänger erblickte 1963 das Grau der Straße. Sein Fahrer war der Erste Helfer, der uns aus der Schneepatsche stemmte.

Frei nach Bert Brecht: "Nur wer im Wohlstand lebt, lebt angenehm."

Der Allrad-LKW-Kapitän begrüßt noch etwas verschlafen den ersten Tag des Neuen Jahres 2012.

29 Dezember 2011

Urlaub in Franken

Lesen reflektiert die Außenwelt im Innern. Schreiben spiegelt die Innenwelt dem Außen.

Der "Weiße Wal" ist unser rollendes Heim. In unserem Wohnmobil schwankt leicht der Boden, wenn wir uns darin bewegen. Der Hersteller Seitz hat in sechs Metern Länge, zwei Metern Breite und drei Metern Höhe bescheiden doch beschaulich alles eingebaut: Den Eingangsbereich, Küche mit Tisch, alternativ Schreibtisch, Naßzelle mit Toilette und Waschbecken, Kühlschrank und Bett. Diese Wohnung gleicht einer Puppenstube unter einem Zeltdach. Schon wenige leichte Regentropfen klingen melodisch auf der Fahrzeug-Decke, welche uns mit etwa drei Millimetern Glasfaser verstärktem Kunststoff und drei Zentimetern Isolierschaum von der unwirtlichen Winterwelt trennt.

Urlaub in Franken ist nun die Sorte Stress, welche wir uns freiwillig suchen. Neben den Treffen mit den Freunden und Verwandten meiner Frau holen wir für den Weihnachtsmarkt 2012 schon neue Schlitten-Schiebelehnen bei einem fränkischen Schlitten-Hersteller. In den letzten warmen Wintern konnte er kaum seine Produktion verkaufen. Also hat sich das Werk auch darauf spezialisiert, individuelle "Erotik-Möbel" zu produzieren. Wir können uns diese Möbel nur vorstellen. Vermutlich produziert das Werk eben solche Sitz- oder Liegegeräte, wie Kunden es sich wünschen. Als weitere Spezialität renovieren, reparieren und bauen die Menschen in dieser kleinen Fabrik Kutschen.

Die Mitarbeiter haben Betriebsferien zwischen Weihnachten und Neujahr. Nur der Chef schafft mit einer Sekretärin und einem Mann Ordnung im Laden. Im Aufenthaltsraum der Belegschaft ist das Waschbecker verstopft, welches ein hagerer, älterer Arbeiter gekonnt und geschwind wieder frei macht. Der Chef berät zwei Kunden, welche eine alte Landauer-Kutsche gebracht haben. Hinter dem Kutschbock schwingt die Fahrgastzelle in schweren Blattfedern. Auf der Tür dazu prangt die Jahreszahl: 1894. Zwei oder vier Pferde ziehen dies hochherrschaftliche Gefährt über Stock und Stein. Dieses Schmuckstück fachkundig zu renovieren, verursacht schnell Kosten eines Mittelklassewagens.

Auf dem Weihnachtsmarkt hat meine Frau einer begeisterten Kundin einen Schlitten mit Schiebelehne verkauft. Sie wollte noch einen weiteren und hinterließ dazu ihre Visitenkarte. Da Stephanie alle Schiebelehnen verkauft hatte, liefern wir nun ihr einen Schlitten mit Schiebelehnen frei Haus. Die Dame glänzte an der Weihnachtsmarkthütte mit herrschaftlichem Auftreten. Doch als wir das Anwesen in einer verlassenen Gegend in Franken endlich gefunden haben, treffen wir auf einen Schweinezüchter in einem ärmlichen Hof. Die Ausdünstungen der Tiere belästigen unsere Geruchsnerven. Zwischen Tür und Angel wickeln wir das kleine Geschäft ab, das unsere Spritkosten deckt.

Immerhin haben uns diese Fahrten wie Besorgungen soweit ermüdet, dass wir eine ruhige Nacht am Straßenrand in Bamberg verbringen dürfen. Gerade baut Bamberg den bislang bescheidenen Wohnmobilstellplatz am Heinrichsdamm soweit aus, dass dort die Schiffe der Landstraßen auch Strom tanken und die Kapitäne ihre Exkremente entsorgen können.

Zur Nachtruhe verhalf uns dazu noch der trübe Rauchbiergenuss im Gasthaus Schlenkerla, einem putzigen Fachwerkhaus aus dem Mittelalter. Ein weiteres begehrtes Szenelokal in Bamberg, der Pelikan, hatte schon keinen Platz mehr für uns. Wieso sich dieses Lokal zur frühen Abendzeit an einem Werktag so schnell füllt, bleibt uns ein Rätsel. Das Gasthaus Schlenkerla hingegen hat an seinen schweren Holztischen immerhin noch Platz für zwei, aber für viel mehr Menschen auch nicht. Dass Rentner und Touristen abends Muß und Moneten genug haben, sich im Wirtshaus zu vergnügen, ist klar. Wenn dann noch Arbeitnehmer in den Betriebsferien zwischen Weihnachten und Neujahr abends in den beliebten Wirtshäusern essen und trinken wollen, dann ist das Freizeitangebot schnell ausverkauft.

Wie seit Jahrhunderten darf sich der Pöbel unter den Symbolen kirchlicher und weltlicher Herrschaft, dem Kreuz und dem Jagdgeweih, von den Unbillen des Alltags und der Fronlast von Steuer- und Zinszahlung bei Bier, Schweinsbein, Sauerkraut und weiteren Köstlichkeiten erholen, entspannen.

Das Gasthaus Schenkerla, welches seinen Brauerei-Ausschank seit 1405 rühmen darf, ist ebenso wie das Bamberger Rathaus oder der Bamberger Reiter eine Sehenswürdigkeit im Range des Weltkulturerbe.

Von unserer Hochzeit am 30. Mai des Jahres haben wir noch ein Geschenk, welches wir nur in der Gegend einlösen können: Bad, Sauna, Menü und Massage in Bad Staffelstein. Das Recht auf den Genuß des Menüs ist zwar schon verfallen, doch mein Körper, Haut und Haare sehnen sich ohnehin wieder nach Sauna, Wasser, Seife und Shampoo. Noch nie haben wir den Parkplatz an der Therme in Bad Staffelstein so überfüllt vorgefunden. Wir müssen unser Gefährt auf Rasen parken, weil die asphaltierte, riesige Fläche mit Wagen aus sehr vielen Regionen des Landes vollgestellt ist. Entsprechend groß ist der Andrang an der Kasse. Am Einlaß werden wir in Schüben zu fünf Personen erst eingelassen, wenn eben die Anzahl Menschen das Bad verlassen und Schränke frei gemacht hat.

Die enge Stube der Sauna ist zum Aufguß mit 60 Personen prall gefüllt. Nur wer 10 Minuten vor der vollen Stunde sich einfindet, kann sich noch zwischen zwei andere Menschen quetschen - vielleicht. Im Bad ist das Becken mit der wärmsten Sole, die mit 12 Prozent Salzgehalt den bayrischen Rekord hält, gepackt voll. Dies erinnert an Bilder von Bädern in Japan. Trotzdem - oder vielleicht gerade deshalb - ist das Bad ein beruhigendes Abenteuer, welches auch an und aufregt.

Während der Pöbel, sofern er 18 Euro für die Tageskarte zur Sauna in Staffelstein aufbringen kann, sich Haut an Haut gedrängt aufbraten lässt, herrscht im Bamberger Rathaus medinaive Andacht. Wenige Besucher betrachten die Schätze aus edlem Porzellan, welches der Fabrikant Ludwig in seiner Sammlung Bamberg als Dauerleihgabe vermacht hat.

Vor Jahren haben wir, als wir 2003 unser erstes Wohnmobil im nächtlichen Stellverbot auf dem Thermenparkplatz parkten, Strafe zahlen müssen. Den benachbarten Campingplatz meiden wir, weil keine 20 Kilometer weiter das schmucke, fränkische Fachwerk-Nest Baunach einen Stellplatz bietet. Der Platz kostet nicht mehr als einen Euro. Doch für diesen Euro liefern Steckdosen 12 Stunden lang Saft.

Am Marktplatz in Baunach, auf dem zu spät abendlicher Stunde gerade ein Fahrzeug steht, treffen wir in unserer griechischen Stammkneipe zufällig den Ex-Schwager meiner Frau, der dort mit seiner Freundin den Abend feiert. Wir schließen uns an, tauschen Neuigkeiten über den Neffen meiner Frau aus, der als IT-Praktikant im indischen Bangalore bei Siemens bis März schafft.

Nachts, ab 3.30 Uhr hat genug Schlaf meine Lebensbatterie geladen. Es ist Zeit, die Eindrücke zu ordnen, die wild durch die Gedanken reisen. Bedachtsam, behutsam - unter Vermeidung aller Störgeräusche - schieben sich meine von der Sauna etwas erleicherten 90 Kilo aus dem Bett, unter dem wir unsere Siebensachen stauen. Wenn die Tür von der Naßzelle an den gegenüberliegenden Kühlschrank anlehnt, ist das Bett gegen einfallendes Licht vom Schreib- oder Küchentisch geschützt. Meine liebe Stephanie setzt also ungestört ihre Nachtruhe fort, derweil die nahe Kirchturmuhr mir alle Viertelstunde vernehmlich mitteilt, welche Stunde mir schlägt.

Das Beste dabei ist, dass der 4000 Watt Gasofen über vier Heizungsausströmer beim Tisch sehr schnell das Thermometer von 17 Grad auf wohlige 23 Grad ansteigen lässt. Der Schlafraum hingegen hinter der geöffneten Badtür bleibt kühl.

Noch perfekter wäre es gewesen, die frühe Stunde mit einem Glas Wein zu feiern. Doch wer am Morgen fährt, sollte nüchtern bleiben. Zudem stört der Lärm, eine Flasche zu entkorken, den nächtlichen Frieden meiner lieben Frau. Die Nacht ist auch nüchtern schön und still. Ein erster Zug fährt hupend in den nahen Bahnhof Baunach ein. Sonst lässt sich nur der gleichmäßige Atmen meiner Frau wie das eintönige Surren des Heizungslüfters vernehmen. Wir freuen uns über die Gute Nacht und auf einen schönen, neuen Urlaubstag in Franken.

27 Dezember 2011

Freunde in Franken

Meine liebe Frau fühlt sich verwurzelt in Franken: Geschwister, Freunde und nun auch ein Baby, welches auch von ihrer Lebenslinie stammt. Glücklich zusammen, schmilzt mein Panzer aus Provokation in mehr Nähe und Wärme - ein schönes Gefühl.





Meine liebe Frau Stephanie hält dies Baby, wozu sie sich tief im Herzen und den Genen verbunden fühlt.

Der Weg geht weiter, immer weiter. Die Ferienwohnung, die für mehr als fünf Wochen unser Heim war, haben wir mittags hinter uns gelassen. Der Hausrat, die Futterkiste, die Kleidung sind vom Marktauto in den "Weißen Wal" umgeladen, der uns dann wieder wie in einer Ein-Zimmer-Wohnung auf Rädern leben lässt. Mima hat viele, viele Freunde in Bamberg, die zu besuchen uns kaum genügend Zeit mehr bleibt. Doch wohin Stephanie-Mima auch immer kommt, sie ist wohl gelitten. Die Menschen zeigen gerne ihre Welt, erzählen, zeigen Bilder oder Filme am Computer. Urlaubserinnerungen wie vom Canal Midi scheinen auf, der wunderbare Kanal in Südfrankreich, als die Platanen am Ufer noch eine Wasserstraße unter dem Blätterdach der Bäume bildeten. Die Platanen sind mittlerweile gefällt, 40.000 Stück, die dort standen seit mehr als 300 Jahren, vom Pilz befallen gefällt.

Bevor mich die Spiegelung der äußeren Welt traurige Sätze schreiben lässt, schwingen wir in den nassgrauen Dezembertag, den zweiten Weihnachtstag mit der Ruhe, der Kraft, dem Stolz, die schwere Zeit des Weihnachtsmarktes erfolgreich abgeschlossen zu haben. Das Gefühl, nach mehr als 30 Tagen mit einer Woche Aufbauzeit bald, auch diesen Markt wieder kämpfend mit allen äußeren Unbillen bewältigt zu haben, diese Ruhe nach dem Kampf ist einfach beglückend.



Wie Innen so Außen: Die äußere Welt spiegelt sich Inneren.

Mit einer familiären Feier schließen wir unsere Zeit in Bamberg, die Geschwister treffen sich, soweit sie sich zugehörig fühlen, Mima hält das Baby auf dem Arm, welches ihr so nahe steht, vorsichtige Gespräche knüpfen sich an, um die politisch-soziologische Verortung auszuloten. Der Islam ist ein Thema an unserem christlichen Weihnachtstisch, ein Islam, der wie in der Türkei es Christen schwer macht, sich sonntäglich zum Gebet zu finden.

Der Bamberger Kirchen- und Klerikal-Kritiker Karlheinz Deschner hat in seiner "Kriminalgeschichte des Christentums" aufs Schärfste beschrieben und bewiesen, dass diese Sekte, die sich jetzt als Christen im Islamischen Dunstkreis so schwer behaupten, dass diese Sekte der Christen ein brudermörderisches Pack über Jahrhunderte gewütet hat, bis ausgeblutet in scheinbarem Frieden verschiedene Sekten der Christen ihre Claims als Evangelische, Katholische, Calvinistische oder sonstig Bekehrte abgesteckt hatten.

Teilen die Großpopen der Sekten sogenannter Gottesfürchtigen dann noch ihre "Heiligen Stühle" in vollkommen verschiedene Bibeloffenbarungen, dann ist das Tischtuch aller Abendmahlfeiern zerschnitten. Beseligte Bibel-Bekehrte brechen mordbrennend in sogenannte Gotteshäuser der Mitbewerber allein-seligmachender Heilsbotschaften ein, um Ungläubige anderer Götzen zu erschlagen. Wenn erst überlebende Fromme das Blut ihrer Brüder und Schwestern aus verbrannten Heiligtümern wischen, dann brennt da der Zorn der Rache im Namen Gottes zu metzeln und zu morden.

Je größer die Opfer, umso höher die Rache zur Mordlust. Gesetze von Ursache und Wirkung archaischer Blutrache tilgen Verlust von Land und Leben mit mehr Blut und Landnahme bis zur völligen Erschöpfung einer Kriegspartei oder eben aller.

Weiteres ist in jeder besseren Tageszeitung täglich zu lesen.

Wie im kakophonischen Krimi der mafiösen miesen Mittelmäßigkeit des Bildungsbürgertums rauschen die Fakten an mir vorbei, durch mich hindurch, verknüpfen sich mit edlem Wein zum Tanz von Buchstaben, die mich selbst kaum mehr interessieren, wenn sie sich aus mir gedrückt haben wie Eiter aus pubertierenden Pennälerpickeln.



Meine staatsbürgerliche Verpflichtung ist mit meinem Beitrag im SPON-Forum wie diesem Blog für heute erfüllt - wenn nicht für länger.

Und wieder Zuflucht im Zynismus nach dem Motto: Egal: Wie haben wir gelacht - trotz alledem, odrrr? Was sonst?

Als Alt68iger, mittlerweile so noch halbwegs rüstiger Rentner, bleibt mir die Zeit zum Schreiben als Mut-Bürger. Als Studenten haben wir antiautorität den "Muff von 1000Jahren unter den Talaren" ebenso verspottet, wie die Reaktion, die den "Alten Kaiser Wilhelm wieder haben wollte". Von denen, die der Braunen Bananenrepublik, Kränze flechten und niederlegen, mal ganz schweigend schamvoll schüttelnd nichts mehr geschrieben.

Nun hat sich die Gesamtvölkische Sehnsucht nach Autoritäten in Kommerz und Kultur, Wissenschaft und weiterem Widerlichen Wrestling ja mit Gestalten wie denen von und zu in Amt, Armani-Anzug und Würden, diese Sehnsucht hat sich mit den Gazetten, den TV-Soaps ja bis ins Unerträgliche - für sensible Alt68iger - ausgeweitet. Dass die "Führer-Figuren" wieder hochgeschrieben werden zu Konjunktur und Klasse, das ganze üble Irresein sich weiter und weiter verbreitet und nur noch mit blutigen Aufständen gegen mörderische Diktatoren wie in der Arabellion oder in Putinskischem Moskau bekämpft werden kann, das und mehr sieht in meinem Ohrensessel am Ofen aus wie eine alte Bestätigung unserer jugendlichen Ideale mit dem furchtbaren Aufdämmern von noch schrecklicheren Zeiten, beginnend mit dem Großmanöver in der Straße von Hormus.....

Egal: Wie haben wir gelacht - trotz alledem, odrrr? Was sonst?


16 Dezember 2011

Endspurt Weihnachtsmarkt

Sturmtief Joachim fegt mit Orkanböen über das Land. Der Sturm weht Gefühle von verlorener Verlassenheit in meinen einsamen Platz in der Markthütte. Ein Mitarbeiter vom Gewerbeaufsichtsamt kommt und sagt: "Sie müssen heute nicht auflassen. Sie können schließen, wenn Sie das für richtig halten."

Ruhe vor dem Sturm - doch Mimas Husten zieht schon auf.

Mima, meine Marktfrau, ist krank. Wie zumeist in der letzten Marktwoche ist sie einfach vollkommen leer gebrannt. Sie hustet schon seit Tagen. Sie kann nervlich den Streß nicht mehr aushalten. Sie reagiert vollkommen gereizt. Sie kann die vorbeieilenden Kunden nicht mehr erreichen, meint sie. Die Mißstimmung greift ihren Körper an. Bellender Husten unterbricht unsere Nachtruhe. Also muss sie heute das Bett hüten.

Sie überträgt mir die Aufgabe erstmalig, ihre Markthütte zu öffnen. Mit einem Sack sorgender Ermahnungen schickt sie mich in den stürmischen Regen. Die Benachrichtigung vom Gewerbeaufsichtsamt-Mitarbeiter, schließen zu dürfen, erscheint mir als Lichtblick im stürmischen Tag. Dennoch beginnt der Morgen damit, dass sich zwei Menschen die Lichthäuschen kaufen. Diese Stammkunden vervollständigen mit ihrem Einkauf ihre Sammlung, die mit den Jahren wächst. Zäh verrinnen mir die Stunden in der zugigen Markthütte. Wie verloren ruhen sich meine vom Stehen schweren Beine auf einer kleinen Holzkiste hockend beim Katalytofen aus. Mein Handy verschafft mir angenehme Abwechselung mit der Internet-Flatrate.

Wegen der stürmischen Schauer bleiben zwei Frontklappen der Hütte geschlossen. So sehen die Kunde kaum etwas von der Ware. Dennoch kaufen einige Kerzen, Räucherkegel, Windlichter und Lichthäuschen. Es gelingt mir in der Zeit von 8.30 bis 15.30, Mimas kleine Zauberhütte geöffnet zu halten. Diese sieben Arbeitsstunden wären erst ihr halber Tag. Wenn sie arbeitet, arbeitet sie länger und härter. Bis sie abends endlich heim kommt, wurde es meist 20.30 Uhr. Das ist eine 12-Stunden-Schicht, viel zu viel auf die Dauer.

Bei besserem Wetter strömen die Menschen zu Mimas Markthütte - hoffentlich.

Als wieder eine böse Böe in die Hütte peitscht, dass die kostbaren Lichthäuschen auf den hohen Regalbrettern gegeneinander klirren, gilt für mich das Angebot des Gewerbeaufsichtsamts: Feierabend! Der Nachbar mit den Süßwaren klopft noch an die Holzläden und fragt: "Und die Kunden?" Anderntags erzählen sie, dass sie noch fünf Stunden länger dem Sturm widerstanden und verkauft haben.

Daheim gruselt es warm und wohlig, die Bilder von verschneiten Straßen zu betrachten, auf denen sich Fahrzeuge meilenweit stauen. Viele dieser vom Weihnachtstress gestörten und belasteten Fahrten enden auf dem Schrottplatz - oder schlimmer für die Menschen im Krankenhaus. Immerhin stehen unsere Autos nicht unter ausladenden, alten Bäumen. Die Fahrzeuge parken sicher am Straßenrand, wo Hecken die Vorgärten begrenzen. Mein Heimweg durch das wunderbare, erholsame Bamberger Heingebiet an der Regnitz ist gesperrt. Schilder und Sperren warnen: "Betreten verboten! Lebensgefahr! Orkanböen" Doch meine Müdigkeit mit dem Wunsch schnell heim zu kommen ist größer als meine Furcht, von herabstürzenden Ästen erschlagen zu werden. Eine turmhohe Pappel schwankt bedrohlich und böse. Der Wind braust auf und lässt mich rennen. Nichts passiert.

Unser Leben ist wunderbar, aufregend, schrecklich, schön, schaurig, naß, windig und kalt. Immerhin darf mein Körper in der Sauna auftanken. Daheim schnauft meine liebe Frau über einem Kamille-Dampftopf am Küchentisch unter einem Handtuch. Fürsorglich kämpft Sie ihre Atemwege frei von Husten und Schleim.

Die Zeit verrinnt: Nur noch sieben Markttage. "Keiner mehr doppelt", pflegte Mutter den verrinnenden Urlaubstagen nachzusinnen, wenn in der letzten Ferienwoche uns wieder die schnell nahenden Alltagspflichten drohten. "Keiner mehr doppelt" ist beim Weihnachtsmarkt Grund zum Jubeln - Ende der Fron, Ende der Einkünfte.

Wenn meine Marktfrau gesund ist, dann macht Sie mir als Marktgehilfe die Arbeit erträglich. Sicher hätte mein vorsorglich besserer und höherer Einsatz es meiner Frau erleichtert, gesund zu bleiben. Dafür ist mein doppelter Arbeitseinsatz aber unvermeidbar, damit sie wieder gesund wird. Denn ohne sie die Krippe abzubauen, Schlitten, Vogelhäuschen und die ersten Waren ins Garagenlager zu schaffen, das kann bislang nur meine Frau.

Nur noch drei Tage: Schon beginnt sie, all ihr liebenswertes Tausenderlei in Kisten, Kasten zu verstauen. Die handgearbeiteten, reich verzierten Lichthäuschen aus gebranntem Ton dürfen keinen Schaden nehmen. Licht zeigt sich für mich wie am Ende des Tunnels. Meine Frau meint nur: "Andere stehen doch das ganze Jahr über auf dem Markt. Was stellst Du Dich denn so an?"

10 Dezember 2011

Marktmond zur Weihnachtzeit

Erstmal seit Beginn meiner Erinnerung erscheint mir diese Vorweihnachtszeit als Fest. Meiner Schreibtischfron der letzten 20 Jahre, acht Monate und 12 Tage entledigt gibt mir meine geliebte Frau Aufgaben vor, welche zu erledigen mich nicht mehr belastet, als es mir unangenehm wäre.


Bamberger Rathaus mit Brücken über die Regnitz

 Nach wenigen Stunden Nachtruhe eröffnet meine kleine Frau ihre Markthütte zum dritten Advent. Schon ist mit 16 Markttagen die Halbzeit überschritten, weiteren 14 Markttagen wünschen wir einen glücklichen Verlauf. Das Wetter hat erst einmal die Autoscheiben mit Eis überzogen. Der November hat sowenig Regen gebracht wie noch niemals ein November zuvor. Wieder einer dieser seltsamen Rekorde, welche uns schaudernd daran erinnern, dass etwas nicht stimmt mit uns in unserer Zeit.

Bamberger Rathaus als Lichthäuschen


Bamberg, diese zauberhafte Stadt mit mittelalterlichem Flair, besuchen Hunderte, wenn nicht Tausende Touristen in der Vorweihnachtszeit. Nahezu ununterbrochen ziehen die Fremdenführer in barocken Gewändern Scharen von Touristen hinter sich her. Mit beredten Ausführungen steht die Geschichte der Stadt auf, welche wie in so vielen klerikalen Machtzentren auf Blut gebaut steht. Magnetische Macht-Markt-Zentren ziehen aus allen Erdteilen Menschen an. Es wuseln kleine Chinesen, Japaner, Asiaten an unserer Weihnachtsmarkthütte vorüber. Schwere Soldaten, manchmal auch Schwarze, die in Bamberg für die US-Armee auf ihren Einsatz im Irak oder sonstwo trainieren, kommen manchmal mit Frauen und Kindern. Gelegentlich kaufen sie sogar eines der wertvolleren Stücke aus dem Angebot, welches von Kerzen zu 25 Cent bis zum Bamberger Alten Rathaus aus Ton gebrannt reicht. Manches Stück in liebevoller Handwerkskunst bis zu 119 Euro tritt sorgsam verpackt die Reise nach Übersee an. So freut sich eine besorgte Soldatenmutter wie aus Ohio über den erfolgreichen Sohn in der Fremde, in Good Old Germany. Franzosen, Spanier, Italiener - eine bunte Mischung aus Menschen schiebt sich an der Hütte vorbei. Kinder staunen mit offenen Augen über Blechspielzeug, den hüpfenden Frosch, die rennende Ente, die pickende Henne, die bunten Kreisel, Autos, Lokomotiven, Boote, sogar ein Luftschiff sowie eine Rakete alles aus Blech - meist made in China.

Weihnachtsmarkt am dritten Advent

In bedrückenden Stunden erscheint es mir, als würe ein Nichts ins Leere verschoben. Doch die fröhlichen Menschen, welche mit ihrer Beute vom Marktstand ziehen, erinnern schnell daran, dass sich diese Nichtigkeiten mit ihren Lieben verbinden, Freude bringen, Lachen und Staunen. Die Energiebilanz der Kerzen aus Bienenwachs, der Knetkerzen, die wie Blüten in verschieden Farben und Formen locken, die Energiebilanz dieser Geschöpfe aus liebenden Händen ist vergleichsweise wenig schädlich. Die Wertschöpfungskette ist lang und geduldig, der Gewinn bescheiden. Die Ware tauscht sich zu Geld in freudigem Einvernehmen. Zumeist zieht der Kunde eben so beglückt von dannen, wie das Geld in den Plastikfächern der Kasse klimpert. Kommt einmal ein großer Schein wie von 50 Euro herein, so prüft ein spezieller Filzstift, ob das Papier auch echt ist.

Mimas Blütenkerzen
Niemand kommt klauen. Betrug gibt es nicht in dem Geschäft meiner kleiner Marktfrau, die ihre Stammkunden seit mehr als zwei Jahrzehnten bedient. Seit 15 Jahren hat sie mich mitgenommen auf ihre kleine Weihnachtsmarktreise. Nun, selbst schon aus meinem Job, hat sie mich als Gehilfen engagiert. Die Jahre zuvor verschaffte ihr eine Studentin während der Mittagszeit ein wenig Muße zu sitzen, zu essen, zu ruhen. Mit mir als Hilfskraft ist sie auch zufrieden. Mich macht die kleine Welt des Weihnachtsmarktes glücklich. Die Gedanken richten sich auf das Nächste, den Kunden. Geschickt übende Finger führen kleine Spielzeuge vor, Witzchen sollen zum Kauf animieren. Niemand ist böse oder traurig, wenn er sich zu einem Kauf entschlossen hat. Kommt ein Großmütterchen mit einer Beschwerde zurück, so tauschen wir lachend die Ware. Es bleibt keine böse Stimmung zurück. Junge Damen kommen mit Freunden. Sie schwärmen nahezu, dass sie an dieser Hütte vor Jahren schon einen Kreisel geschenkt bekamen, der drehend bunt schillerte. Lange graben meine Gedanken nach dem Namen für das Spielgerät: "Mindspinner". Aus der Ferienwohnung rollt mich das alte Fahrrad in knapp zehn Minuten über die untere Rathausbrücke, die Regnitz, zum Marktplatz. Meine Frau freut sich über meine Ablösung. Ihre Pause ist niemals zu lange, dass es mir allzu schwer wird. In regnerisch grauen Zeiten reicht ihre Pause gerade so lange, dass mir Zeit bleibt, den Mantelteil der Süddeutschen Zeitung zu studieren. Der Wirtschaftsteil, die Nachrichten zur wirtschaftlichen Lage verwirren wie ein globaler Krimi meine Gedanken. Mehr oder weniger verkaufte Kerzen zur Weihnachtszeit verbessern das Klima in häuslichem Frieden. Das Klima global, international ist mein Thema nicht.
Friede den Hütten, Kampf den Palästen.


Villa Concordia an der Pegnitz

Doch kommen aus Palästen Menschen zu unseren Hütten, so bedient sie eine kompetente Mannschaft, hilfreich, edel und gut. Mit etwas pathetischem Wortgeklingel lässt steht man einfach besser in Stunden dunkler Näasse und Kälte,

18 November 2011

W'Markt-Stress

Der erste Sonntag, 20. November: Blick aus der Ferienwohnung über die Regnitz

Immer nur Stress. Stress. Stress. Stress. Der Magen mag das schon nicht mehr. Die Leute reden, reden, reden. Manche machen auch etwas. Man selbst meint, immer alles zu machen. Machen zu müssen. Rennen für's Geld.

Weihnachtsmarkt. Wieder mal Weihnachtsmarkt. Als ob das Wetter, der graue November mit Buß- und Bettag, Totensonntag nicht schon genug abfordert. Nein: die Industrie muß Weihnachten Umsätze feiern. Schneller, höher, weiter. Mehr. Wer auf dem W´Markt als winziger "Industrieller" mitspielen will oder muss, der braucht ein dickes Winterfell und ein gut gestärktes Nervenkostüm.

Mir wäre es lieber, im Sessel zu sitzen, zu lesen, fernsehen, feiern, futtern, fröhlich oder traurig - Hauptsache: Ruhig sein. Aber nein: Weihnachtsmarkt, kurz W'Markt. Ein fürchterliches Fest: Weihnachten. Das Fest von Stress, Streit, Spannung.

Dunkelheit, Kälte, Nässe, überfrierende Nässe, Unfälle, tatü tata, immer zu. LKW im Acker, Kräne, Krankenwagen, Blaulicht. Kalte Neonlampen von Sprühnebel verhüllt. Mädchen mit Stiefeln, dicken Strumpfhosen und weichen Mänteln versprechen ein wenig Wärme, bereit zu lächeln hoffen auf Freude. Mädchen scheinen immer noch guter Hoffnung zu sein, jemanden Neuen willkommen zu heißen auf der Erde mit sieben Milliarden Menschen. Scheint prinzipiell weibliches Prinzip zu sein.

Mehr männliches Meckern mit mürrischen Mienen, in Streß erstarrt. Verkäuferinnen mit zu Freundlichkeit gefrorenem Lächeln. Professionalität wie in Kaufhaus-Kliniken, bereit, den Kunden zu verarzten. Bedürfnisse, seltsame, eigenartige, einzigartige Bedürfnisse.

Die Waren in den Regalen locken so süß. Die Weihnachtsmarktfrau müht sich schon seit Januar darum, vorzeigbare Waren vorzubereiten. Kerzen aus Bienenwachs, Kerzen aus China, Kerzen in gekneteter Kunst, Duftöle - mittlerweile mit Ablaufdatum, Blechspielzeug. Jedes Jahr neue Schikanen. Dies Jahr muss jeder Weihnachtsmarkt-Verkäufer eine Prüfung über den Umgang mit Gas ablegen. Seit mehr als 20 Jahren lässt meine Weihnachtsmarkthütten-Frau, die vorn für den Kunden friert, den Rücken mit einem Gasofen wärmen. Dies Jahr erstmalig fordert die staatliche Aufsichtbehörde einen Gasofen-Berechtigungs-Bedienungsnachweis.

Jahre zuvor schon verlangt die Marktaufsicht jährliche eine neue Gasofenfunktions-Prüfbescheinigung. Jedes Jahr kostet es etwa 30 Euro die Gasofenfunktion zu prüfen und bescheinigen zu lassen. Ein neuer Ofen kostet etwa 60 Euro im Baumarkt.

Seitdem mich die Liebe mit meiner Weihnachtsmarkthütten-Unternehmerin verbindet, seit 15 Jahren, rückt mit dem unbarmherzigen Mahlwerk der Zeit jedes Jahr der November näher. November heißt W´Markt. Zum 1. Advent startet die Show.

Sie macht es gern und gut, Jahr für Jahr.

Dieses Jahr genießen wir sogar eine Ferienwohnung zusammen, welche drei Räume hat. Doch das Fernsehbild ist klein und schlecht. Die antiquierte Bildröhre misst in der Diagonalen gerade mal 30 Zentimeter. Der Kühlschrank stellt sich mit lautem Gebrumm an und schaltet sich schüttelnd nach einer Weile ab.

Man ist froh, im Haus zu sitzen. Man ist froh, im Warmen zu sein. Man ist froh für jede Pause. Meine Weihnachtsmarkt-Verkäuferin-Frau ist mit lächelndem Gesicht für die Aufgabe wie gemacht. Seit Jahren kommen Kunden, die sie kennt, Bekannte und Freunde grüßen, doch Zeit zum Plausch stört das Geschäft. Aktiv verkaufen, heißt, Menschen vor die Auslage locken, ansprechen, animieren, begeistern: "Bitte, danke. schön, Frohes Fest und viel Freude mit ihrem Geschenk." Alle Jahre wieder. Immer zur Weihnachtszeit.

In einer Welt aus kriselndem Kapital, manipulierenden Medien, Rohstoffknappheit, Überbevölkerung und kommenden Klimaverwerfungen möchte man abschalten, die Rente kommen lassen und lautloser leben als bislang. Doch der Weihnachtsmarkt verlangt vollen Einsatz. Schnellen Schlaf. Kurze Mahlzeiten. Lange Stunden stehen im Stand. Verkauf.

Die vergangenen Herbstsonnenstunden, so selten sie waren, die schwitzenden Ruhestunden in der Sauna liegen wie Erinnerungen ans Paradies schon zurück. Die graue Weihnachtsmarkt-Wand liegt vor uns: Aufbau, Eröffnung, 1. Advent, 2. Advent mit langem Verkaufsabend bis 22.00 Uhr, 3. Advent und endlich 4. Advent und dann Erlösung: Abbau, Aufräumen, Auffegen und endlich, endlich wieder Ruhe und Leben in betrachtender Muße.

Zeitung. Stundenlang lesen. Blättern in Büchern. Aus dem Fenster sehen, sich freuen am Spiel des Windes mit Zweigen und den letzten, verlorenen, dürren Blättern. Es muss einmal Ruhe kommen im Leben und zwar schon vor dem Tod.

Im Sessel sitzen, im Bett liegen, sich des eigenen Atems freuen, seinen Herzschlag hören, sich selbst spüren. Dazu braucht es Ruhe.

Gut ist, dass die Ruhe tiefer, treuer und trefflicher eintritt, wenn zuvor das Gerenne schier unerträglich geworden. Zwischen Polen von An- und Entspannung pendelt der Organismus.

Klagen die Wörtchen jetzt über Hektik, fühlt sich der Körper gleich glücklich im Bett. Das Leben gleicht Mühen mit tiefer Erholung und Entspannung aus. Also: Alles halb so schlimm, wenn es doppelt stressig anstrengt.

Hütte laden


Der erste Samstag ist Ruhe vor dem Sturm. Neu in der Ferienwohnung will sich kein geregelter Schlaf einfinden. Gedanken jagen im Kreis. Das Groß-Experiment mit sieben Milliarden Menschen bringt beunruhigende Bewegungen. In den Maghreb-Staaten verjagen die Jungen die westlich gesinnten und geschmierten Greise. Der Operettenpotentat in Libyen endet schmählicher als dereinst die US-Marionette der Schah von Persien. Die Bärtigen blasen ins nationalistische Horn. Körperstrafen kommen. Hand ab. Mordaufrufe. Fatwa. US Drohnen drohen dagegen. Eine junge Ägypterin zeigt ihren Körper bekleidet mit Lackschuhen und Strümpfen. Zu wenig für den religiös-nationalen Mob.

Der braune Sumpf hierzulande mordet seit mehr als zehn Jahren. Erst als die Mörder sich selbst ermorden, bricht die stinkend braune Pestblase auf. Politiker und Polizisten staunen Bauklötze. Die braun verhetzte Hass-Bande brüllt sich heiser. Den sich selbst mordenden Meuchelmörder beschert der Braune Mob klammheimliche Weihen als Märtyrer.

Provokateure der linken Szene agieren ähnlich verroht. Berlin und Hamburg sind Hochburgen brennender PKWs. Wie durch ein Wunder haben die Brandbuben bei ihren Schandtaten bislang keine Menschen geschädigt.

Die Widersprüche wie zum Beispiel bei den Gewinn- und Verlustorgien von Vorständen und den ausbeuterischen Zwängen bei zahllosen Zeitarbeitern sprengen jeden Zusammenhalt. Millionen-, ja Milliardenvermögen verschoben, verschludert. Strafverfolger schaffen es schlecht, den mafiös verfilzten Sumpf auszutrocknen. Andernseits vermeiden oder verweigern Hundertausende brot- und oft auch lustlos unangenehmen Arbeitseinsatz. In Folge stehen die Sicherungen der Sozialsysteme kurz vor der Schmelze. Dazu droht die Kernschmelze des Kapitals, Atomkerne im Meiler Fukushima sind schon geschmolzen. Noch hat uns und andere ein Kollaps der Gesundheitsindustrie bei irgendeiner Pandemie verschont, doch immer häufiger gefährden resistente Erreger den Erfolg jeder Therapie.

Unsere Arbeit: Wir müssen unseren VW-Bus mitsamt Anhänger beladen. Regale, Gasflaschen, Gasofen, Werkzeug, Leuchtmittel. In den 30 Jahre alten Anhänger müssen wir die Weihnachtsmarkthütte in Teilen laden. Sechs große und vier kleine Seitenteile fügen wir dann auf dem Marktplatz zum Grundgerüst der Hütte zusammen. Vier Teile bilden den Holzboden. Sieben Dachsparren schrauben wir auf die notwendige Länge zusammen. Darüber ziehen wir eine starke Plastikplane. Ein Kunstwerk an Regalen nimmt ein buntes Tausenderlei von wunderbaren Waren auf. In diesem Arbeitsplatz von vier mal zweieinhalb Metern stehen wir bis Weihnachten etwa 300 Stunden.

Montag morgen geht die erste Fuhre auf den Marktplatz. Eine weitere Fuhre muss dann weitere die Krippe mit Schlitten und Vögelhäusern anliefern. Die dritte Fuhre muss auch noch Montag abend vor der Hütte stehen. Darin sind dann etwa 30 Bananenkartons mit all den Schätzen des Geschäfts.

Zumindest hat uns das Wetter heute zum Packen der ersten Fuhre Sonne geschenkt. Das erleichtert die Arbeit ungemein. Aber meine Frau ist nervlich so angespannt, dass sie sich mit Kopfweh ins Bett flüchten muss. Die Anspannung und Anstrengung ist ihr - wie schon das Jahr zuvor - einfach zuviel. Nach etwa 18 Stunden Bettruhe ist sie wieder fit.


Hüttenaufbau



Sonntagsspaziergang: Mima knutscht ihr Enkelkind, das liebe "Mops-Gesicht".


Montag morgen 4.30 Uhr: Zwei Wecker alarmieren uns zum Einsatz. Wir müssen den VW-Bus mit gepacktem Anhänger zum Marktplatz bewegen. Wir müssen die Hütte aufbauen. Mein Marktweiblein ist gut erholt und erledigt ihr Pensum mit ruhiger Professionalität und gut eingespielten Hilfen.

Nachdem die Sonne durch den Nebel bricht, geht die Arbeit bei frühlingshaften Temperaturen gut voran. Am Nachmittag steht die Holzhütte, welche acht Wandteile um drei Bodenplatten bilden. Die Dachsparren halten die Zeltplane, deren Ösen in den Holzwänden einhaken. Nachdem die Steckdosen und Leuchtmittel in reichlicher Zahl angeschlossen sind, steht das Grundgerüst. Eine weitere Anhängerfuhre bringt die Krippe, welche sich mit etwa zwei Metern an die vier Meter breite Holzhütte anschließt.




Die nächste Anhängerfuhre holt die Holzkrippe.

Neben dem einmaligen Blickfang und Wiedererkennungsmerkal dient der Platz dazu, Schlitten und Vogelhäuschen auszustellen und zu verkaufen. Auch bastelt sie jedes Jahr Steckenpferde, die dort mit runden Knopfaugen aus Stoff über einem ausgepolsterten Kopf, einem dicken Wollstrumpf, mit angenähten Ohren und hängender Mähne auf Kunden warten.




Wenn Mima Steckenpferde bastelt, träumt sie wohl von Reitpferden.



Der Rohbau steht: Bei sonnigem Wetter geht die Arbeit mit einem guten Team schnell voran.

Wir können schon am Nachmittag diese Arbeit abschließen, den Anhänger in die zweite Garage zurückschieben, den VW-Bus mit etwa 30 Bananenkartons der Erstausrüstung beladen.




Das Kunstwerk muss Donnerstag fertig sein - hier von 2009.

20 Oktober 2011

Bayreuth - im Deutschen Herbst

Weitere Gedanken und Bilder zum Thema eröffnen sich beim Klick auf den Titel.

Diesmal mit GröKoZ, dem Größten Komponisten oller Zeiten, mit dem GröFaZ, dem Größten Führer aller Zeiten, in Bayreuth, dem Auge sowie der Mutter Gottes und einer Steinskulptur am Dom im Regensburg. Diese Skulptur dokumentiert die mitteralterliche Tradition des faschistischen Rassismus in der "Kriminalgeschichte des Christentums".








Das Auge Gottes





Mutter Gottes






In Stein gemeißelte Diffamierung der religiösen, jüdischen Minderheit

02 September 2011

Der Unfall




glück im Unglück bei etwa 90 km/h auf der Autobahn...
Bericht im Link, einfach auf den Titel klicken

gruss Erhard + Stephanie oder n0by mit Null + mima

13 August 2011

Von Sibiu ins Donau-Delta ans Schwarze Meer

Das Navi ist naiv: Keine Ahnung hat es mehr, wo es ist. Mir gehts etwas besser, dank Karte und Klaus, dessen Navi von Pearl sich besser auskennt.

:-)

Klicken einfach den Titel, dann kommen die Bilder und Berichte , ok? Erhard oder n0by mit Null mit Mimamai aus Mamaia bei Constanta.




03 August 2011

Durch Transilvanien ans Schwarze Meer


Querstreifen auf der Fahrbahn schütteln selbst schläfrige Chauffeure wach. Danach überfährt man ein auf den Asphalt angebrachten Hinweis über die ganze Fahrbahnbreite mit der Forderung nach Tempo "50". Ein "Ortschild", eine "ununterbrochne Linie" vor einer Kurve sowie das Straßenschild "Überholverbot" sollten reichen, um verantwortungsvolle Fahrer zu zügeln. Zudem nutzen in den Straßendörfer Kinder, Alte, Mütter, Tiere sowie Pferdefuhrwerke den engen Randstreifen. Doch was passiert?

Einfach den Titel anklicken für mehr Bilder und Berichte

München bis zur Ukrainischen Grenze


Manchmal fühlt sich der Reisende, der hungrig nach Eindrücken und Erlebnissen durch die Lande streift, wie ein armer Hund, der nach Futter sucht. Oder er fühlt sich gleichsam wie ein rastloser Nager auf Futtersuche. In solch tristen Momenten springt wie eine Katze die Sehnsucht nach der Heimat auf das magere Nagetier. Dann vertraut der Chronist seine Verlustgefühle dem Internet an. Das versteht ihn klaglos versteht und hilft, alle Unbilden unterwegs zu ertragen. Doch es gibt auch Schönes, wie es bunt Reisebücher bebildern.

Einfach den Titel anklicken für mehr Bilder und Berichte

26 Juli 2011

Balkan




Heute geht die Reise los. Endlich.
Today the voyage finally starts.

Klaus has packed his Mercedes 911.
Gisi, his woman, will drive with him.

My woman Mimamai still has work to do. She will join us around 1500 Kilometres from here in Sibiu (Herrmannstadt) - Romania.
Her Bus from Munich leaves next Thurday and has to drive around 20 hours for the distance.

Keep connected - hopefully some more news come, when there is an Internet-Connection somewhere.

Yours Erhard

1st night before the Czech-Border in the Bavarian Woods near Grafenau.

It was a sunny day. Klaus drives his "Blue Wonder" with an average
of 50 Kilometers/hour. He found this hilarious place for the night.



First night near the Czech Border next to the village Grafenau.

This day was only a short way: From Grafenau in Germany we crossed the border to Czech and went to Volary. This place is at barrier lake of the river Moldau.



At the Moldau Barrier lake, great Camping Place with W-Lan

We are not as quick like the fire-brigade, but we make our way.



The voluntary fire brigade used this VW-Transporter maybe 30 years ago. Now this vehicle serves a family with two little children as holyday home.

19 Juli 2011

Almsenner-Sehnsucht

Der Text ist offline im Urlaub geschrieben, also nicht hier im Blog gelandet sondern als neue Site auf meiner teuren Domain. Per Klick auf den Titel kommen Bilder und Text von dieser neuen Site. Bilder beruhigen mich wie der Aufenthalt in der Natur zu meinen beunruhigenden Gedanken zur Zeit.




Wen es also, wie diese Kälber nach Milch, nach meiner Wahrheit dürstet, der klicke den Titel. Bitte.

Erhard Thomas alias n0by mit Null

:-)

Danke.

13 Juli 2011

Rentner im Untergrund

Wer sich keine Sorgen mehr um seine Arbeit machen muss, hat Zeit für andere Sorgen. Die Situation spitzt sich zu. Gedanken zur Zeit

von Erhard Thomas -- auch n0by mit Null



Millionen prekärer Arbeitsverhältnisse basieren zumeist auf gnadenloser Profitmaximierung. Wenige, jugendliche Workoholics, die sich, ihre Gesundheit, Beziehungen den Profiterwartungen der Arbeitgeber opfern, drängen weniger Leistungsfähige aus dem Rattenrennen. Humankapital ist ab 50 abgeschrieben, ab 60 Schrott. Ab 70 erwarten Kassen-Kommissare sozialverträgliches Frühableben. Der Mechanismus schaufelt seit Jahrzehnten Geld von unten nach oben.

Längst kämpft ein langer Krieg: Die Reichen werden Superreiche. Das Prekariat verkommt. Wer noch Obdach hat im Ghetto, versäuft seine Hoffnungslosigkeit, lässt sich medial verblöden, endet in Elendsquartieren. Die "Masse" im Prekariat erwartet kein langes Leben. Das Geld reicht gerade für Junkfood. Mangelhafte Medizin beschleunigt bei Krankheit den Verfall. Der Arbeitsmarkt braucht keine mehr, die aus bildungsfernen Schichten sprachlich, schriftlich in der untersten Liga stammeln. Wer von denen aber noch jung, kräftig, aktiv genug ist, kann bei der Armee für die Profite der Superreichen Knochen und Leben riskieren.

Je verbrecherischer die Geschäfte wie in der medialen Volksverblödung, wie im Waffen-, Drogen-, Menschen- und Organhandel sind, umso mehr verlieren die Opfer dieser mafiös-mörderischen Markt-Manager. Gleich Sklavenhaltern hetzen die Eliten, die Menschen eher in Kriege gegeneinander, als von ihrer verbrecherisch profitablen Polit- und Marktmacht zu lassen.

Weil diese Widersprüche in mörderisch konsequenter Kontroversität den meisten Menschen unerträglich sind, fischen sich rigide religiöse Erleuchtungs- und Erweckungs-Entertainer aus psychisch und physisch haltlos Verkümmernden ihre "Auserwählten". Krass zeigt sich der religiös-rigide Fascho-Fanatismus bei Selbstmord-Massenmördern. Doch die fußkranken Krüppelkriecher in Erleuchtungs- und Selbsterfahrung-Satsang-Spielchen sind auch nicht viel anders. Einige unglückliche triebgestaute Priester staatlich subventionierter Großsekten popeln an Pimmeln pubertärer Penäler.

Seit bald 50 Jahren verfolgt mich diese degenerative kollektive Entwicklung mit immer erdrückenderen Fakten. Es kommt täglich dicker und dicker.

Die steuernden Eliten fahren den Staatskarren immer tiefer in den Dreck. Kontroversen in Kollektiven kommen - letztlich - zu Kriegen!

09 Juli 2011

Christoph Peck - mein Nachruf

Wieder ist einer gerade der Kollegen, die mir lieb und teuer waren, gegangen. Gegangen für immer in das Land ohne Wiederkehr





Ein lieber Kollege, ein Zimmerkollege, hat meinem Gedächtnis nachgeholfen. Christoph war bei unserem Magazin in der mittleren Management-Ebene. Wir waren jung, jedenfalls viel jünger als jetzt. Wir waren rebellisch. Wir wollten und konnten es noch garnicht glauben!

Die Devise der Geschäftsleitung lautete: 25 Prozent auf das eingesetzte Eigenkapital. 25 Prozent Gewinn sollte unsere Arbeit dem Unternehmer jedes Jahr einbringen. Es war unvorstellbar für uns, auch wenn die Zeiten besser waren als heute. Immerhin gab es auf unsere Ersparnisse bei der Bank noch drei Prozent Zinsen, sofern jemand sparen konnte und wollte.

Manchmal fühlten wir uns wie Sträflinge auf einer Galeere. Grinsende Aufseher peitschten uns Lohnsteuersklaven zu Höchstleistung unserer Selbstausbeutung an. Die Fluktuation war gewaltig. Der IT-Markt war noch ausgetrocknet nach qualifizierten Arbeitskräften. Menschen mit mehr Grips gingen zur Konkurrenz. Der Unternehmer ließ sie grinsend gehen, weil er mittlerweile das Konkurrenzblatt aufgekauft hatte. Also spannte sich der Lohnsteuersklave wieder auf die Galeerenbank, um 25 Prozent Eigenkapitalrendite zu erwirtschaften.

Per Flur-Funk motivierten Managermeinungen uns Schwitzende vor den Schreibtischen wie "es tut mir weh, wenn ein Redakteur während seiner Arbeitszeit nicht an seinem Platz sitzt!" Ja, das Leiden war epidemisch!

Einer der wechselnden Chefredakteure tänzelte wie auf Zehen durch die Gänge. Seine Qualifikation hatte er sich als Drucker-Papst erworben. Sein bibelschweres bahnbrechendes Werk über Nadeldrucker landete mittlerweile im Altpapier, obgleich mich die Grafiken wie überhaupt das Gewicht der Schwarte schon schwer beeindruckt hatte.

Der Mann war mir unbgreiflich in seiner Unermüdlichkeit. Selbst wenn mich die Schlaflosigkeit schon um 7.30 in die Firma getrieben hatte. Sein Rechner lief immer schon! Wahrscheinlich, dachte sich mein simples Gemüt, war im Haus unterwegs, um Wichtiges zu erledigen. Als einmal das Netz nicht funktionierte, und die Hardware-Jungs die Steckdosen untersuchten, fanden sie unter dem Chef-Schreibtisch eine Schaltuhr. Diese fuhr den Rechner dieses Supermannes morgens um 7.00 Uhr hoch. Doch zu der Zeit war meine Welt schon lange nicht mehr in Ordnung.

Mein mir liebster Kollege war auch Drucker-Experte. Um gegen seinen Chef-Redakteur, den Drucker-Papst, qualifiziert konkurrieren zu können, ernannte sich der ansonsten bescheidene Bernhard zum Drucker-Gott. Wir beide waren damals im Betriebsrat, hatten also einen recht sicheren Stand.

Doch dass der Drucker-Papst nun als Chef einen Drucker-Gott zu befehligen hatte, ging natürlich garnicht. So gab es Monate, in denen Bernhard keine Seite bekam! Er saß einfach da und langweilte sich. Mir war in Sorge um eigenes Leben wie das meiner Tochter mehr Anpassung notwendig. Das lohnte mir der Drucker-Papst, der Schalk-Uhr-Chef, mit einem Sonderquantum Arbeit: 45 Seiten im Monat! Bernhards Bruder, der Ältere, teilte mit mir ein Zimmer, ein feiner, feinfühliger, hoch-intelligenter IT-Experte mit Kapitänspatent. Ein Kerl, wie Samt und Seide, nur schade, dass er früh starb - eben "Tod im Job".

Bruder Bernhard, der Jüngere, der vier Jahre jüngere, starb wie der Große Bruder vier Jahre später -





... eben "Tod ohne Job".

In dieser schier unerträglichen Arbeitsatmospähre investierte das Managment in Man-Power. Christoph kam als Vermittler zwischen Management, Chefredaktion und Redakteuren. Christoph war keiner dieser Führungsfuzzis, über die der begnadete Hans A. Pestalozzi, selbst mal Manager, höhnte: "Abschaum schwimmt oben! Das muss man mal zur Kenntnis nehmen!"

Christoph war ein Freund mit Klarblick, unbestechlicher Intelligenz, ausgleichend, vermittelnd, freundlich, zugänglich, verständnisvoll. Christoph stand und staunte über uns, die wir uns in den Sümpfen unserer Schlangengrube giftend, geifernd, grob, gierig, gewalttätig gaben. Das Management hatte mit Christoph eine gute Geschäftsinvestion getätigt.

Ob er dabei die 25-prozentige Eigenkapitalrendite einfuhr, war wohl eher nicht der Fall. Jedenfalls war sein Gastspiel in unserem Schlangensumpf leider nur von kurzer Dauer. Ob es ein halbes, ein dreiviertel Jahr oder vielleicht noch etwas länger war, bedarf besserer Recherche als der Zugriff auf meine mürbe Erinnerung.

Seelischen Eindruck und so mit Gefühl im Gedächtnis eingebrannt bleibt mir sein Abgang bis heute. Christoph schwebte wie befreit und beflügelt durch die Gänge, hatte schon eine neue Position, eine Leitungsposition, meiner Erinnerung bei dem Hausblatt eines Energieversorgers, korrigierte dort schon seine Faxseiten und machte den Abflug.

Mit den preußischen Prügeln bester beamtenrechtlich beflissenen Bereitschaft kodiert, hielten mich die Ketten monatlichen Schmerzengelds auf der Schreibtischbank meiner geliebt-gehassten Galeere, auch wenn sich mein Unbehagen bis in immer häufigere Erbrechen gerade zum Wochenende steigerte.



Vater mit 91 Jahren, kurz vor seinem Tod, kodierte mich mit beamtenrechtlicher, beflissener Bereitschaft.


Jetzt, 40 Tage nach meiner Verrentung, schmerzt mich zwar schrecklich eine Schulterzerrung. Doch die Verantwortung, Seiten zu liefern, entfällt. Es bleibt Zeit, all der Kollegen zu gedenken, die wie Christoph, mein Jahrgang, doch auch etwas jünger, vor mir gegangen: Wolfhard, Bernhard, Wolfgang, Alois, Christoph und der Doktor, dessen Name mir nicht mehr einfällt.

Als Christoph ging, bekam er von mir eines meiner Lieblingsbücher geschenkt: P. D. Ouspensky - Auf der Suche nach dem Wunderbaren.

Vielleicht hat er es gefunden?

03 Juli 2011

Amperfahrt

Just click the title for the XL-Version in English.

Wer einen Fluß abwärts fährt, muss sein Boot erstmal flußaufwärts einsetzen.
Meine guten Freunde Ute und Carsten haben mir geholfen: Sie bringen mich mit Boot, Padel, Bootswagen und Proviant, etwa also 40 Kilogramm, von Fürstenfeldbruck nach Stegen am Ammersee. Dort geht die Reise los. Das junge Paar küsst sich zärtlich, im Hintergrund bereitet sich ein Brautpaar vor für die Reise zu zweit.





Bei der Abfahrt in Stegen haben sich die Regenwolken verzogen. Breit zieht sich der Ammersee in Richtung Süden zu den Bergen hin.



Doch schnell führt die Fahrt mich weiter aus dem Ammersee hinaus auf dem Wiesenfluss, der den See unter dem Namen Amper verlässt.



Im Hintergrund taucht schon die Autobahnbrücke auf, welche München und Landsberg/Lech verbindet. Hinter dieser Brücke schaukelt das mehr als fünf Meter lange Gummiboot sanft über die erste Schwelle. Die wenigen Wellen sind schnell durchritten, ohne dass ein Tropfen Wasser ins Boot schwappt.



Ein Blick zurück zeigt, dass diese kleinen Wasserkräusel die Fahrt nicht hindern konnten.



Vor kaum einer Stunde hatte es noch geregnet. Doch dieser Himmel verspricht ein weitgehend trockene Fahrt, ohne dass die Sonne unerträgliche Hitze über dem Fluss entwickelt.



Diese herrlichen, hohen, alten Bäume stehen mitten im Juli nackt und kahl ohne schmückendes Blattgrün dar. Biber haben am Fuße der Riesen einen Ring aus Rinde abgenagt. Das reichte, um die Bäume zu töten.




Still und ohne Paddelschlag schleicht sich mein Boot an diesen Reiher heran. Es ist still auf dem Wasser. Vögel zwitschern ihre Arien. Irgendwann wird sich der mächtige Vogel in die Luft schwingen und seinen geschmeidigen Körper im Aufwind hoch schaukeln.




Eine Rolle Maschendrahtzaun um den Baumriesen hätte gereicht, um ihn vor dem Nagemord des Bibers zu schützen.




Vor Grafrath gibt es diesen Platz zur Pinkelpause, der von Wanderer nicht zu erreichen ist.



Wolken und Wasser bilden eine beschauliche Wohltat für Augen, Nerven, Körper und Gemüt.





Grafrath: Beim Anblick dieser Kirchtürme weiß der Wasserwanderer, dass der halbe Weg nach Fürstenfeldbruck schon geschafft ist.





Hinter Grafrath rauscht der Fluß unter diesem Steg durch. Das Wasser teilt sich in zwei Arme und umfließt eine Insel.



Mir zumindest gefällt es nicht, wie Millionäre an der Amper mit dieser Behausung sich einrichten. Mein Urteil: Betonpunk!



Die Augen, müde von Jahren der Bildschirmarbeit und der Buchstaben aus Zeitungen und Büchern empfinden diese Durchfahrt in der Amperschlucht als "Grünen Himmel."



Wenn dazu noch schöner Schatten meinen Kopf und Körper vor der großen Sonnenempfindlichkeit bewahren, dann ist mein Glück im "Grünen Himmel" vollkommen.



Noch ließ sich niemand in den Wochenend-Häuser blicken. Über diesem Himmlischen Platz bläht sich stolz die Bayrische Nationalflagge, wenn wieder eine Brise auffrischt.



Vor Schöngeising droht Lebensgefahr! Hier gibt es nur einen Weg, das Boot an Land zu ziehen vor dem Elektrizitätwerk.



Hier steht das Boot schon auf dem Wagen. Jetzt sind leicht auch 40 Kilogramm wie bei einer Sackkarre hinten anzuheben und zu schieben.




Hinter dem E-Werk geht die Fahrt mit frischem Schwung weiter - ungehindert bis Fürstenfeldbruck.





Auch hinter Schöngeising schmiegen sich Bäume schattenspendend über die Amper. Doch die Sonne sticht ohnehin nicht gnadenlos, weil weiße Wolken sich schützend vor sie schieben.




"Achtung Lebensgefahr!" warnt hinter Schöngeising dies Schild vor der Amperschwelle. Doch bei hohem Wasser ist diese Stelle leicht zu befahren.



Allerdings fordert die Schwelle doch Konzentration. Daher gibt es keine Bilder während der Fahrt durch die Wellen.




Vor Fürstenfeldbruck gibt es eine ganz kurze Stelle, wo die Straße neben der Amper herführt. Doch auf der viereinhalb Stunden langen Fahrt waren mehr Vögel als Maschinen zu hören.



Hier teilt sich die Amper, umfließt die Schilfinsel. Wenn weniger Wasser fließt, schaben hier schon mal Boote über die Steine.



Noch ein paar Biegungen bis zur Eisenbahnbrücke dann kommt schon Fürstenfeldbruck.



Unter der Eisenbahnbrücke vor Fürstenfeldbruck hat sich dieser Baum einen gemütlichen Standplatz eingerichtet.



Unter der Autobrücke von Fürstenfeldbruck muss man den Kopf im Boot einziehen.



Angekommen! Jetzt noch das Boot trocknen, Luft ablassen, falten und verpacken, dann ist die Reise erfolgreich geschafft.



Trocken und gut gefaltet liegt das Boot unter dem Boot und unter dem Klapprad. Die Reise kann weiter gehen.



Nach einem erfrischenden Abendbad im Pucher Meer von Fürstenfeldbruck freut sich meine Frau auf ihren glücklich erholten Amperpiraten.



Das Pucher Meer einen Tag zuvor drohte mit einem Gewitter.



Beide haben wir Feierabend und genießen noch fröhlich die freie Zeit gemeinsam.



Waldfest in Unterschleißheim mit Kartoffelsalat, Sauerkraut, Käse, Bretzen und Bier.